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Berlin – 08. Dezember 2021
Was die Stadt und der Landkreis Regensburg für eine bessere Pendlermobilität unternehmen, erläutern Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer und Landrätin Tanja Schweiger im Doppelinterview.
Vor welchen Herausforderungen steht Regensburg bei der Pendlermobilität?
Maltz-Schwarzfischer: Durch die starken Pendlerströme stößt insbesondere die Straßeninfrastruktur in Regensburg bisweilen an ihre Grenzen. Die größte Herausforderung wird sein, den Pendlerverkehr auf die Energie- bzw. Mobilitätswende auszurichten und ein nachhaltig attraktives Angebot bereitzustellen, mit dem ein Umstieg vom Auto gelingt. Stadt und Landkreis arbeiten dabei eng zusammen, wie unsere Bemühungen zur Ausgestaltung eines S-Bahn-ähnlichen Verkehrs, zur Stadtbahn und zur damit einhergehenden Neugestaltung des Busangebotes zeigen.
Wie sieht es im Landkreis aus?
Schweiger: Der Großraum Regensburg ist eine der am stärksten wachsenden Regionen Deutschlands. Damit verbunden ist eine starke Belastung der Infrastruktur. Die Planungsverfahren für Neu- und Ausbauprojekte dauern jedoch in vielen Fällen zu lang. Die Schieneninfrastruktur ist bereits heute an ihrer Kapazitätsgrenze angelangt und für zusätzliche Verbesserungen bedarf es eines Ausbaus. Zugleich ist der Landkreis in Teilen von einer dispersen Siedlungsstruktur geprägt. Dies macht eine flächenhafte ÖPNV-Erschließung zu einer Herausforderungen. Die Wege zu den Haltestellen sollen möglichst kurz sein bei gleichzeitig geringen Fahrzeiten, um eine Alternative zum Auto darzustellen. All dies muss zudem finanzierbar sein.
Das Busnetz in Regensburg gelangt zunehmend an seine Kapazitätsgrenzen. Wie soll die geplante Stadtbahn die Situation verbessern?
Maltz-Schwarzfischer: Regensburg und die Region wachsen weiter und hierfür müssen wir auch im ÖPNV gut aufgestellt sein. Auf den nachfragestarken Achsen soll deshalb eine dicht getaktete und beschleunigt abgewickelte Stadtbahn zum Einsatz kommen. Ein Stadtbahnfahrzeug bietet das Platz- oder Beförderungsangebot mehrerer Busse und kann den Busverkehr auf vielen Strecken ersetzen. Die eingesparte Busverkehrsleistung kann dann für andere Aufgaben – zum Beispiel tangentiale Verkehre zwischen den Stadtteilen – eingesetzt werden, zusätzlich ergänzt um flexible Mobilitätsangebote wie Car- und Bikesharing.
Welchen Stellenwert hat die Schiene für die Pendlermobilität in der Region?
Schweiger: Die Schiene ist einer der wichtigsten Bausteine für die Pendlermobilität. Die Bahn bündelt die Pendlerströme und das Angebot wird bereits heute sehr gut angenommen. Ich bin aber überzeugt, dass das sternförmig auf Regensburg zulaufende Schienennetz einen noch höheren Stellenwert für die Menschen in der Region einnehmen kann. Der SPNV wird durch einen Angebotsausbau zu einem S-Bahn-ähnlichem System mit einem mindestens 30-Minunten-Takt auf allen fünf Schienenstrecken noch attraktiver. Auf meine Initiative hin haben sich zwölf Landkreise und kreisfreie Städte aus Niederbayern und der Oberpfalz zusammengeschlossen, um die Weichen für eine Verbesserung des SPNV im Großraum zu stellen. In einer gemeinsam mit dem Freistaat erarbeiteten SPNV-Konzept wurden Ausbaumaßnahmen für einen bedarfsgerechten SPNV identifiziert. Der Freistaat Bayern hat weitere Verbesserungen in Aussicht gestellt – sobald die SPNV-Infrastruktur entsprechend ertüchtigt ist.
Wie sieht für Sie die Mobilität der Zukunft aus?
Maltz-Schwarzfischer: Ich möchte eine Mobilität, die für die Menschen attraktiv ist, zu unserer Stadt passt und den umweltpolitischen Herausforderungen gerecht wird. Wir werden Verkehrsflächen neu aufteilen und flächensparsamen Verkehrsmitteln den Vorrang einräumen. Wir werden Aspekten der Verträglichkeit von Verkehr mehr Aufmerksamkeit schenken müssen, aber auch Aspekten der Barrierefreiheit. Es geht um eine Mobilität für alle. Wichtig ist es, kurzfristig das umzusetzen, was möglich ist. Auch mit Blick auf Klimaneutralität und Mobilitätswende.
Schweiger: Die Mobilität ist und bleibt vielfältig. Es gibt nicht das beste Verkehrsmittel, sondern das jeweils beste Verkehrsmittel. Das Auto wird daher weiter seinen Platz haben. Bei den regelmäßigen Wegen zum Arbeits- oder Ausbildungsplatz sehe ich aber eine zunehmende Orientierung auf den Umweltverbund. Es ist unser Ziel, ein Angebot und damit verbunden eine Infrastruktur zu schaffen, die den Bürgerinnen und Bürgern eine flexible Fortbewegung ermöglicht, ohne zwingend auf das eigene Auto angewiesen zu sein. Letztendlich wird Mobilität aber von den Menschen gelebt. Diese müssen bereit sein, die von uns geschaffenen Angebote zu nutzen und auch mal etwas mehr Fahrzeit oder kurze Fußwege akzeptieren.
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