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Der grüne Linienbus braucht breite Unterstützung

News
Berlin – 07. Februar 2020

Die Elektromobilität für den ÖPNV kommt mit schnelleren Schritten voran. Die Zahl der E-Busse bundesweit wird 2020 auf über 1000 steigen. Es bleiben aber jede Menge „Hausaufgaben”, hieß es auf der 11. Elektrobus-Konferenz und Fachausstellung der VDV-Akademie in Berlin.

Ob Batterieantrieb oder Brennstoffzelle: Die Projekte der Verkehrsunternehmen für den klimafreundlichen öffentlichen Verkehr der Zukunft finden in der Politik breite Zustimmung, und die EU, der Bund sowie die Länder öffnen bereitwillig Fördertöpfe für den E-Bus. „Die Weichen für einen erfolgreichen Massenmarkt sind gestellt. An der Elektromobilität geht kein Weg mehr vorbei.” Das erklärte Prof. Henning Kagermann, einst SAP-Mitgründer und seit vielen Jahren Präsident von Acatech, der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften, die sich im Auftrag der Bundesregierung mit Digitalisierung und Dekarbonisierung befasst. In seiner Keynote zur Tagung warnte er aber vor Euphorie: „Der Fortschritt ist mühselig, und das wird auch so bleiben.”

„Gemeinsame Kraftanstrengungen” für die E-Mobilität im öffentlichen Verkehr

Nach Erhebungen des VDV sind derzeit etwa 400 E-Busse im Einsatz, rund 750 kommen in den nächsten Monaten hinzu. Allerdings gibt es insgesamt rund 33.000 Linienbusse im ÖPNV, die meisten (noch) mit Dieselantrieb. Die Politik versprach „gemeinsame Kraftanstrengungen” für die E-Mobilität im öffentlichen Verkehr. Tamara Zieschang, Staatssekretärin im Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur war sich im Klaren darüber, „dass es ohne Förderung nicht geht”. Diese sei aber „technologieoffen”: Das gelte für die künftige neue Bus-Förderrichtlinie des Bundes für die Beschaffung von klimaneutralen Fahrzeugen; Förderquoten bis zu 80 Prozent würden neben dem Batterie-Antrieb auch für Brennstoffzellen-Busse und solche mit hundertprozentigem Methan-Kraftstoff in Aussicht gestellt.

Staatliche Unterstützung soll auch im ländlichen Raum ankommen

Daniela Kluckert, MdB der FDP und Stellvertretende Vorsitzende des Verkehrsausschusses, forderte, die Förderrichtlinien so auszugestalten, dass auch die vielen kleineren Unternehmen insbesondere im ländlichen Raum in den Genuss der staatlichen Unterstützungen kommen können. Beseitigt werden müssten auch „Absurditäten” wie die den Strompreis verteuernde EEG-Umlage zur Förderung der Erneuerbaren Energien. Es sei sinnvoller, den Marktmechanismen zu vertrauen und die Umlage abzuschaffen.

ÖPNV bekleidet die Schlüsselrolle im Klimaschutz

Gertrud Sahler vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit unterstrich die „Schlüsselrolle des ÖPNV”: „Klimaschutz kommt nicht mit Flugtaxis und Innovationsglauben.” Für eine Herbeiführung der „Zeitenwende” mit mehr Freude, Optimismus und Lebensqualität in den vom Autoverkehr entlasteten Städten brauche es Kreativität, Geld, Durchhaltewillen und Hartnäckigkeit. Sahler forderte die Verkehrsbranche auf, den eingeschlagenen Weg konsequent weiter zu gehen.

Neue Ideen, um Infrastruktur schneller und unkomplizierter zu verbessern, sind gefragt

Dass das Engagement dafür in der Branche da ist, verdeutlichten die zahlreichen Fachbeiträge aus den Unternehmen. Sie machten aber auch deutlich, dass die Politik in der Pflicht bleibt, auch wenn sie großzügig fördert. So verwies VDV-Präsident Ingo Wortmann, Chef der Münchner Verkehrsbetriebe, auf die seit langem geforderte Aktualisierung des Personenbeförderungsgesetzes. Kritik übte er an der „Standardisierten Bewertung” für die Bewertung von Infrastruktur-Vorhaben. Deren rein betriebswirtschaftliche Ausrichtung werde dem öffentlichen Nutzen von zahlreichen Vorhaben im Verkehrsbereich nicht gerecht: „Wir brauchen da dringend neue Ideen, um die Infrastruktur für die Verkehrswende schneller und unkomplizierter bauen zu können.”

An Ideen mangelt es nicht: Alle großen Verkehrsunternehmen würden innerhalb der nächsten Jahre ihre Busflotten für die wachsende Nachfrage verdoppeln und zugleich elektrifizieren, betonte Wortmann. Doch angesichts der hohen Kosten für E-Busse und die technische Infrastruktur der Stromversorgung reichten die staatlichen Fördermittel bei weitem nicht aus. Mehr Unterstützung forderte der VDV-Präsident auch in den Rathäusern: Der ÖPNV brauche die Mitwirkung der kommunalpolitischen Entscheider, um der wachsenden Zahl der Busse den notwendigen Platz im Straßennetz einzuräumen, etwa durch die Schaffung von Busspuren anstelle von Parkplätzen.

Die Verkehrswende kommt vorerst mit dem Bus

Auch Henrik Falk, Vorstand der Hamburger Hochbahn, betonte: „Unsere großen Potenziale liegen beim Bus. Denn die Realisierung großer Projekte mit S- und U-Bahnen brauche viel Zeit bis jenseits 2030, deshalb sei es sinnvoll die Busflotten jetzt zügig auszubauen – im Sinne einer kundennahen Angebotsorientierung. Der Kunde interessiere sich nicht für die Branchenprobleme und die komplexen Technikfragen etwa um den Ausbau der Betriebshöfe für die E-Busse. Klar müsse aber auch sein: Ein stetiger Ausbau des Angebots sorge für eine massive Erhöhung der Betriebskosten. Das werde auf Dauer die kommunalen Eigentümer überfordern. Neue Lösungen seien deshalb auch hierbei gefragt.

Kontinuierlicher technologische Fortschritt ermöglicht langlebige Batterien

Intensiv befasste sich die Konferenz mit den Entwicklungen der Batterie-Technologie. Sven Schulz, Chef des Batterieherstellers Akasol, machte deutlich, dass es „die eine wunderbare Batterie für alle Anwendungen” nicht geben werde. Entscheidend seien das jeweilige Antriebskonzept und der Ladevorgang. Was die zukünftige Entwicklung betreffe, „werden wir keine Revolution erleben”. Die sei aber angesichts des kontinuierlichen technologischen Fortschritts auch gar nicht nötig. Das bestätigte auch Urban Windelen, Bundesverband Energiespeichersysteme. Er verwies auf die Langlebigkeit der jüngsten Energieträger-Generationen: Eine Batterie für die gesamte Lebensdauer eines Busses sei inzwischen realistisch.

Auf der Elektrobuskonferenz gab es gleich neben dem Konferenzsaal Elektrobusse und High-Tech-Komponenten zum Anfassen. 70 Hersteller aus dem In- und Ausland präsentierten schicke, saubere E-Busse und den aktuellen Stand der Technik.

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