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Berlin – 15. Dezember 2021
Die Elektrifizierung des deutschen Eisenbahnnetzes kommt mit zwei großen Schritten in Süddeutschland voran. Die „Südbahn” von Ulm nach Friedrichshafen und weiter nach Lindau steht seit dem Fahrplanwechsel am 12. Dezember unter Strom. Und die bereits vor einem Jahr zunächst nur für den Fernverkehr München - Bregenz - Zürich elektrifizierte „Westallgäubahn” ging ebenfalls voll in den elektrischen Betrieb.
Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann ist immer wieder gut für pointierte politische Aussagen. So feierte er die E-Premiere der Südbahn mit der Feststellung vom „Ende des fossilen Zeitalters im oberschwäbischen Bahnverkehr”. Jahrzehnte lang hatten die Regionen an der im Volkslied besungenen „schwäbsche Eisenbahne” darauf gedrängt, dass die wichtige Verkehrsachse, die seit 1850 die erste Bahnlinie in Württemberg war, modernisiert und klimafreundlich ausgebaut wurde.
Rund 370 Millionen Euro wurden in dreieinhalb Jahren für die Elektrifizierung der 120 Kilometer langen Strecke investiert. Sie war eine der letzten Hauptstrecken in Deutschland, die noch nicht unter Fahrdraht betrieben wurden. Den Löwenanteil finanzierte der Bund, doch auch das Land leistete einen dreistelligen Millionenbetrag. Das müsse aber die Ausnahme bleiben, betonte der Ministerpräsident. Bemerkenswert war, dass schwäbischer Bürgersinn das Projekt ans Laufen gebracht hatte: Etliche Kommunen und die heimische Wirtschaft hatten Planungskosten von mehr als einer Million Euro übernommen – in einem „Interessenverband Südbahn”. „Ohne den Anstoß aus der Region würden wir jetzt nicht die Elektrifizierung feiern”, stellte der Verbandsvorsitzende, der Landrat des Bodenseekreises, Lothar Wölfle, nicht ohne Stolz fest.
Die Elektrifizierung bringt Fahrzeitgewinne und mehr durchgehende Verbindungen vom Bodensee in die Landeshauptstadt Stuttgart und umgekehrt. Ein weiteres Elektrifizierungsprojekt in der Region ist von der Realisierung aber noch weit entfernt: die „Bodenseegürtelbahn” von Friedrichshafen über Radolfzell bis nach Singen an die Hauptstrecke Stuttgart - Zürich wird zunächst weiter mit Dieselzügen befahren. Besser sieht es östlich von Lindau auf der Westallgäubahn aus. Nachdem die internationalen Fernzüge von München aus in die Schweiz und nach Österreich bereits seit einem Jahr elektrisch fahren, wird seit dem Fahrplanwechsel auch der Nahverkehr mit Strom betrieben.
Mit dem Abschluss der Baumaßnahmen endet nun endgültig ein Bahn-Anachronismus in Lindau: Der ehemalige Hauptbahnhof auf der Bodensee-Insel war seit Jahrzehnten elektrifiziert, doch bis zum letzten Jahr nur von Bregenz aus mit österreichischen und Schweizer Zügen elektrisch erreichbar. Dies zu ändern war selbst der Politik im Bahnland Schweiz ein Anliegen: Die Eidgenossen beteiligten sich mit Millionen-Hilfe an dem Ausbau der Strecke München - Lindau. Nicht ganz uneigennützig: Sie bedienen die Verbindung seitdem mit schicken elektrischen Triebzügen. Auf die Insel fahren sie nicht mehr: Sie halten im neuen Fernbahnhof Lindau-Reutin. Der frühere Hauptbahnhof heißt seit vorigem Jahr Lindau-Insel und bedient nur noch Nahverkehr.
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