Zur Website
Direkt zum Inhalt Direkt zur Hauptnavigation
Brennpunkt Verkehrswende

Im Jahr der Schiene für saubere Mobilität trommeln

Position
Berlin – 08. Februar 2021

Trotz Corona: Die EU hat das Europäische Jahr der Schiene ausgerufen. Für Verkehrspolitik und Verkehrsbranche eine gute Chance, klimafreundliche Mobilität weiter im Gespräch zu halten.

Das „Europäische Jahr der Schiene”: eine ehrenvolle Auszeichnung für die Belange des öffentlichen Verkehrs! Ein Jahr des Autos gab es – noch – nicht; thematisiert wurden in früheren Europäischen Jahren solch bedeutsame Anliegen wie das Kulturerbe, die regionale und lokale Demokratie, die Chancengleichheit und ein „Jahr der Bürgerinnen und Bürger”. Das macht deutlich, dass nicht nur in der Berliner Politik, sondern auch in Brüssel der Stellenwert für klimafreundliche Mobilität und den Verkehrsträger Schiene weiter wächst.

Fragt sich nur, wie das „European Year of Rail” mit Leben ausgefüllt wird. Ein Programm gibt es allenfalls in Ansätzen. Es ist bisher eher eine Hülle ohne Inhalte im Internet zu finden. Da ist Brüssel noch gefordert. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer, der das Schienenjahr noch auf die zum Jahreswechsel beendete deutsche Ratspräsidentschaft bucht, greift immerhin die bekannten Visionen auf: schicke Nachtzüge, europaweite Trans-Europa-Express-Züge. Nice to have! Doch für eine echte Mobilitätswende, die den Marktanteil des öffentlichen Verkehrs im Interesse von Klimaschutz und Lebensqualität verdoppeln sollte, wird weit mehr gebraucht als exquisite Angebote für ein paar hundert, vielleicht ein paar tausend tägliche Reisende in Europa. Im Personenverkehr, aber auch im Güterverkehr. Ansätze, auch aus Scheuers Ministerium, gibt es genug, von der europaweiten Durchsetzung einer digitalen automatischen Kupplung für Güterwagen bis zur Wiederbelebung von Gleisanschlüssen durch staatliche Finanzierungen.

Die Verkehrsbranche sollte das Jahr der Schiene als Gelegenheit nutzen, um für die im Grundsatz schon lange nicht mehr umstrittene Wende vom alles überlastenden Individualverkehr hin zu Mobilitäts-Dienstleistungen mit einem digitalen, klimaneutralen Verkehrsträger-Mix zu trommeln. An allen Fronten: in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Eine anspruchsvolle Aufgabe, die die Bedrohungen des Klimawandels genauso so stark ins öffentliche und individuelle Bewusstsein bringen muss wie die Gefahrenpotenziale des Corona-Virus. Machen wir uns nichts vor: König Kunde fährt immer noch lieber Auto, auch wenn die Fahrgastzahlen in Bus und Bahn wieder steigen.

Möglicherweise hilft die EU über das Schienenjahr hinaus mit. Medienberichten zufolge will Brüssel die Deutschen als die bisherigen Musterschüler in der Gemeinschaft nicht an die Töpfe der Corona-Milliarden lassen, weil ihr die Berliner Reformpläne zu lasch und nicht konkret genug erscheinen. Vielleicht ist das eine Chance zum noch rascheren Abbau des nicht zu übersehenden Investitionsstaus gerade auch im Verkehrssektor.

Foto: Eberhard Krummheuer

ÜBER DEN AUTOR

Eberhard Krummheuer fährt seit Kindesbeinen mit Bussen und Bahnen. Erst mangels Familienauto, dann trotz Familienauto. Der öffentliche Verkehr beschäftigt ihn sein Berufsleben lang als Journalist, viele Jahre als Redakteur der Wirtschaftszeitung „Handelsblatt”. Nun kommentiert er für Deutschland mobil 2030 aktuelle Entwicklungen in Sachen Mobilität und Logistik.

Das könnte Sie auch interessieren:

Die Renaissance der Schiene einleiten

Die Flugbranche will nach dem Ende der Corona-Pandemie an alte Erfolge anknüpfen. Der aktuelle Stillstand in weiten Teilen des Flugverkehrs kann aber auch als Chance zum Umdenken begriffen werden, schließlich muss mit Blick auf die Klimaschutzziele künftig noch mehr Mobilität auf umweltfreundliche Verkehrsmittel verlagert werden. Wie eine starke Schiene den europäischen Green Deal voranbringen kann, zeigt die aktuelle NGO-Studie „Spring auf den Zug auf! Für eine Renaissance der Bahn in Europa“.

weiterlesen

2020/2021: Mühsamer Weg zur neuen Mobilität

Bilanz und Ausblick zur Jahreswende stehen unter dem Diktat der Corona-Pandemie. Sie beschränkt unsere Mobilität hautnah und verstellt vielfach den Blick auf den Klimaschutz. Gleichwohl: Im abgelaufenen Jahr ist zumindest ein wachsendes öffentliches Bewusstsein für die drohenden Gefahren der Erderwärmung zu beobachten. Doch immer dringlicher wird es, daraus Konsequenzen zu ziehen.

weiterlesen

NRW-Kommunen steuern Verkehrswende an

Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen setzen auf die Mobilitätswende, um für ihre Bürgerinnen und Bürger mehr Lebensqualität in den Zentren zu entwickeln. Eine „Kommunalumfrage” im bevölkerungsreichsten Bundesland zeigt: In spätestens zehn Jahren wollen viele Kommunen mit dem Umweltverbund von Bus und Bahn, Rad- und Fußwegen die Autos aus den Innenstädten verbannen.

weiterlesen