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Quoten für saubere Busse

Future
Berlin – 25. November 2020

Die Europäische Union macht Druck für noch klimafreundlicheren Nahverkehr. In den kommenden Jahren sollen immer mehr „saubere” Linienbusse beschafft werden. Derzeit ist die deutsche Politik damit beschäftigt, die „Clean Vehicles”-Richtlinie auf wirtschaftlich sinnvolle Weise in nationales Recht umzusetzen.

Die Ansage aus Brüssel ist unmissverständlich: Ab 2025 müssen öffentliche Auftraggeber bei Busbestellungen mindestens 45 Prozent Fahrzeuge mit sauberen Antrieben ordern, die Hälfte davon sogar emissionsfrei – also ohne Verbrennungsmotor und nur mit ausgesprochen geringem CO2-Ausstoß. Ab 2030 sogar 65 Prozent. „Sauber” sind laut Richtlinie emissionsarme Fahrzeuge wie Elektro-, Wasserstoff- und Erdgasbusse, aber auch mit Biomethan und Flüssiggas betriebene Fahrzeuge. Biokraftstoffe und synthetische Kraftstoffe gelten nur dann als ökologisch unbedenklich, wenn vollständig auf die Beimischung fossiler Brennstoffe verzichtet wird. Langfristig zeichnet sich damit das Ende des Dieselbusses ab, auch wenn seine Aggregate nach der Euro VI-Norm bereits in hohem Maße klima- und auch lungenfreundlich sind: Denn neben dem Klimaschutz geht es auch darum, die Luft von schädlichen Kleinstpartikeln rein zu halten.

Umsetzung als nationale Quote gewünscht

So klar die Vorgaben der „Clean Vehicles”-Richtlinie sind, so unklar ist derzeit ihre wirtschaftlich sinnvolle deutschlandweite Umsetzung. VDV-Präsident Ingo Wortmann stellt klar, dass es darauf ankomme, „dass wir die unterschiedlichen ökonomischen Möglichkeiten der Busunternehmen und der Kommunen berücksichtigen und diese nicht überfordern.” Denn die Vorgaben aus Brüssel ziehen erhebliche Investitionen von Aufgabenträgern und Verkehrsunternehmen nach sich. Nicht nur, dass emissionsfreie Busse deutlich teurer sind als herkömmliche Dieselfahrzeuge. Es geht auch darum, Betriebshöfe und Werkstatt-Infrastruktur für neue Fahrzeug-Generationen mit abweichender Technik herzurichten. Und da ist es wie im richtigen Leben: Die einen haben gerade neue Euro VI-Fahrzeuge gekauft, andere wiederum haben so kleine Flotten, dass sie für ein oder zwei E-Busse den halben Betriebshof umrüsten und das Personal umschulen müssten – für Arbeiten am Hochvolt-Bereich gelten strenge Sicherheitsvorgaben. Andererseits gibt es meist große Betriebe, die bei ihren Fahrzeugbestellungen heute schon und in den kommenden Jahren die Brüsseler Quoten deutlich übererfüllen. Die Branche wünscht sich angesichts der Erfolge eine nationale Quote, um in manchen Betrieben unnötig vorgezogene Investitionen zu vermeiden.

Bereits über 2.000 Elektrobusse auf deutschen Straßen

Denn der Erfolg stellt sich bereits ein und er lässt sich auch an den Zahlen ablesen: Derzeit fahren in Deutschland bereits rund 500 batterieelektrische Busse, 1.500 Hybride (E-Busse plus Diesel-Reichweitenverlängerer) und rund 50 Busse mit Wasserstoff-Brennstoffzelle. Damit sind über 2.000 E-Busse in Deutschland unterwegs. Hinzu kommen dann noch rund 300 E-Busse, für die bereits Förderanträge gestellt worden sind. Die Branche hatte für das laufende Jahr mit noch höheren Zahlen gerechnet, allerdings gibt es weiterhin, auch coronabedingt, Lieferengpässe bei den Herstellern. Die Branche geht für 2021 von merklich steigenden Zahlen aus.

Antriebswende reicht nicht für Verkehrswende

Es bleibe dabei, sagt Präsident Wortmann: „Entscheidend ist eine Verlagerung von Fahrten vom Autoverkehr auf den ÖPNV und nicht nur eine Antriebswende im ÖPNV“. Man brauche eine volkswirtschaftlich vernünftige, technisch und in den Verkehrsbetrieben auch personell machbare Lösung. Zumal die 35.000 Dieselbusse in Deutschland gerade einmal 2,2 Prozent zu den Emissionen des Straßenverkehrs beitragen. Auf der Suche nach einer sinnvollen Umsetzung der Brüsseler Richtlinie entwickelten die Experten im VDV ein „Stufenmodell”. Wesentlicher Punkt: Statt die Mindestquoten der EU individuell Betrieb für Betrieb einzufordern, soll danach die Quote nur einmal für alle, nämlich national erfüllt werden. Parallel dazu kann ein branchenweites Register die Beschaffung von sauberen und emissionsfreien Linienbussen bundesweit lückenlos dokumentieren. Der Branchenverband erklärte sich bereit, diese Aufgabe zu übernehmen.

Länder wollen nationale Quote, Bund ist gefordert

Dieses Stufenmodell überzeugte im Oktober die Verkehrsministerkonferenz der Bundesländer. „Aufgrund der unterschiedlichen Verhältnisse in den Ballungsgebieten und in den ländlichen Räumen, mit zum Teil schwierigen Einsatzmöglichkeiten insbesondere von emissionsfreien Bussen, hält es die Verkehrsministerkonferenz daher für notwendig, die Erfüllung der Mindestziele insgesamt und bundesweit bei der Umsetzung zu betrachten”, hieß es in der Abschlusserklärung. Die Minister forderten den Bundesgesetzgeber auf, das Stufenmodell „vertieft und ernsthaft” zu prüfen. Bis Mitte nächsten Jahres muss die Umsetzung der Richtlinie aus Brüssel in deutsches Recht abgeschlossen sein. Bislang gab es seitens des Bundes jedoch noch keine Zustimmung.

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