Future
Berlin – 24. Januar 2020
Die Mobilitätsdienstleister deutscher Städte und Kommunen elektrifizieren ihre Flotten: E-Busse für kurze Distanzen, Wasserstoffbusse für längere Relationen. Doch die Serienproduktion von Brennstoffzellen ist noch nicht ausgereift. Hersteller können nicht liefern, Bestellungen werden abgesagt. Damit die Lieferschwierigkeiten die Verkehrswende nicht ausbremsen, fördert das Land Baden-Württemberg seit Ende 2019 eine Forschungsfabrik für Brennstoffzellen und Wasserstoff.
Lieferschwierigkeiten: Busbetreiber ziehen Konsequenzen
Anfang 2019 musterte die Hamburger HOCHBAHN ihre vier Wasserstoffbusse aus. Die Fahrzeuge fuhren seit 2010 im Testbetrieb – befürchtete Lieferengpässe bewegten den Mobilitätsdienstleister zum Rückzug aus der Technologie. „Das Pilotprojekt hat uns gezeigt, dass E-Busse als serienreife Fahrzeuge bereits heute zur Verfügung stehen und somit eine bessere Lösung sind als die Brennstoffzellenbusse", erklärt HOCHBAHN-Sprecher Christoph Kreienbaum. Gänzlich ausschließen wollen die Hanseaten einen zukünftigen Einsatz von Wasserstoffbussen dennoch nicht. „Sobald unser Partner Daimler oder andere Bushersteller neben Batteriebussen auch E-Busse mit Brennstoffzellen in Serie produzieren, werden wir diese ebenfalls für den Linienbetrieb testen", betont Henrik Falk, Vorstandsvorsitzender der HOCHBAHN. Auch die Busbetreiber aus Mainz, Wiesbaden und Frankfurt zogen ihre Bestellung über elf Wasserstoffbusse jüngst zurück. Eigentlich sollten die ersten brennstoffbetriebenen Fahrzeuge zwischen Rhein und Main bereits im Spätsommer 2019 rollen, doch wegen erneuter Lieferschwierigkeiten des beauftragten Busherstellers kamen die Busse nicht rechtzeitig auf die Straße – die Wasserstofftankstelle, an der die Brennstoffzellenbusse von Mainzer Mobilität und ESWE Verkehr tanken sollten, steht unbenutzt auf dem Wiesbadener Betriebsgelände. Dabei trafen die entsprechenden Förderbescheide bereits im Juli 2017 bei den Verkehrsunternehmen ein, im September 2018 bestellten die Unternehmen acht Busse für die beiden Landeshauptstädte – drei weitere Busse sollten ins benachbarte Frankfurt gehen.
Serienproduktion: Baden-Württemberg fördert Forschung
Um die Serienproduktion von Brennstoffzellen in Schwung zu bringen, fördert das baden-württembergische Umweltministerium das Projekt „HyFab-Baden-Württemberg – Forschungsfabrik für Brennstoffzellen und Wasserstoff“ mit knapp 7,9 Millionen Euro. Ziel des Forschungsprojektes ist es, die Zuliefererindustrie zu stärken, um die Technologie schnellstmöglich in Zügen, Bussen, Transportern und Lkw verbauen zu können. Die beteiligten Forschungsinstitute ZSW und Fraunhofer ISE streben eine offene, flexible Plattform an, in der schnelle, automatisierte Fertigungs- und Qualitätssicherungsverfahren für sogenannte Brennstoffzellenstapel entwickelt und erprobt werden können. „Um die Verkehrswende ernsthaft und wirksam angehen zu können, brauchen wir Mut und dürfen nicht ausschließlich auf batterieelektrische Fahrzeuge setzen. Wir wollen mit dem Forschungsprojekt Brennstoffzellenprodukte serientauglich und damit günstiger machen. Und so bundesweit Vorreiter werden“, betont Umweltminister Franz Untersteller.
Hoffnungsträger Schiene: Alstom baut serienreif
Positive Nachrichten vermeldet zudem die Schienenbranche: Im April 2018 fand die weltweit erste Sonderfahrt mit einem Brennstoffzellen-Regionalzug von Wiesbaden nach Frankfurt-Höchst statt. Seit Herbst 2018 rollen zwei mit Brennstoffzellen betriebene Vorserienfahrzeuge im Regelbetrieb in Niedersachsen. Im Alstom-Werk in Salzgitter ist bereits alles vorbereitet für die Serienproduktion des Coradia iLint. Bis Ende 2021 soll auf der Strecke die gesamte Dieselzugflotte der Eisenbahnen und Verkehrsbetriebe Elbe-Weser durch 14 Wasserstoffzüge ersetzt werden. Im Frühjahr 2019 hat der Verkehrsverbund Rhein-Main im Main-Taunus-Kreis 27 Brennstoffzellenzüge bestellt, die zum Fahrplanwechsel 2022 geliefert werden sollen. Die Brennstoffzelle kommt als doch noch ins Rhein-Main-Gebiet – allerdings auf der Schiene.
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