Future
Berlin – 06. Mai 2019
Die Nachfrage nach Öffentlicher Mobilität wächst bundesweit – die Branche benötigt dringend neue Fachkräfte. Breit angelegte Employer-Branding-Kampagnen sollen Mitarbeiter in die Unternehmen bringen, Berufseinsteiger müssen jedoch zunächst für ihr Aufgabenfeld geschult werden. Eine digitale Plattform soll deshalb künftig der gesamten Branche zu Aus- und Weiterbildungszwecken zur Verfügung stehen.
Der demografische Wandel stellt die ÖPNV-Branche vor eine große Herausforderung: In den nächsten Jahren müssen die Unternehmen viele Stellen neu besetzen. Die neu gewonnenen Mitarbeiter müssen jedoch zunächst für ihre spezifischen Aufgabenfelder qualifiziert werden. Gleichzeitig sollen die 500.000 Beschäftigten in der Branche regelmäßig Weiterbildungen absolvieren, um auf den Einzug neuer technologischer Grundlagen und Möglichkeiten vorbereitet zu sein. Das Projekt eLearningÖV soll die Verkehrsunternehmen im Bereich des digitalen Lernens vernetzen, mobiles und digitales Lernen in der Beruflichen Bildung in der Branche etablieren sowie die nötigen Strukturen dafür schaffen.
"Ein großer Vorteil des eLearnings ist die große Anzahl frei verfügbarer Plattformen und Anwendungen im Internet. Das branchenspezifische Lernmaterial kann an die Anwendungen angepasst und auf den Plattformen bereitgestellt werden. Bislang begegnen deutsche Unternehmen zugangsfreien Angeboten eher zögerlich, doch an den Universitäten und Hochschulen hat sich die Nutzung offener Lernmaterialen längst etabliert. Auf der offenen Plattform „oncampus“ der TH Lübeck können beispielsweise Onlinekurse einfach und kostenlos erstellt werden. Aus der Chemie- und Schifffahrtsbranche wurde bereits Interesse bekundet, Personal in Zukunft über diese Plattform zu schulen. Das soll allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Entwicklung der branchenspezifischen Kurse sehr aufwendig ist. Viele Unternehmen unterschätzen den Entwicklungsaufwand und stellen daher nur unzureichende Mittel zur Verfügung. Diesen Fehler sollte die ÖPNV-Branche unbedingt vermeiden."
Jürgen Handke, Professor für Linguistik und Sprachtechnologie an der Universität Marburg
Kern des Netzwerks bilden die VDV-Akademie als Servicestelle sowie die Unternehmen Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG, Stadtwerke Osnabrück AG, ÜSTRA Hannoversche Verkehrsbetriebe AG und VAG Nürnberg. Im Laufe des Projektes soll der Zusammenschluss um weitere Unternehmen wachsen. Das Vorhaben wird im Rahmen des Programms „Digitale Medien in der beruflichen Bildung“ vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und dem Europäischen Sozialfonds gefördert.
Rahmenbedingungen schaffen
Mit dem Ziel, digitales Lernen zu systematisieren, soll das Netzwerk den Austausch in der Branche vertiefen. Dabei nutzen die Partner einen digitalen Marktplatz, um existierende Ideen und etablierte Verfahren in das Projekt zu integrieren oder neue Herausforderungen zu diskutieren und gemeinsame Lösungen zu entwickeln.
"Vor der Erstellung der Lernmaterialien sollten die Unternehmen evaluieren, worauf sie zurückgreifen können. Schließlich schulen die Betriebe schon heute ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit entsprechenden Unterlagen. Relevante Inhalte gilt es dann zu digitalisieren. Für das eLearning eignen sich kurze Erklärvideos zu speziellen Sachverhalten von etwa sechs bis zehn Minuten Länge ganz besonders. Dabei sollten Abläufe gezeigt und auf der Tonspur kommentiert werden. Wichtig ist auch ein kurzer ergänzender Text. Menschen mit hohem Lerntempo können dann selbst entscheiden, ob sie das Video benötigen oder nur den Text lesen möchten."
Jürgen Handke, Professor für Linguistik und Sprachtechnologie an der Universität Marburg
Im ersten Schritt planen die beteiligten Akteure die Entwicklung von neuen inhaltlichen und methodisch-didaktischen Konzepten für digitales Lernen. In diesem Zuge wollen sie einen Standard für eLearning festlegen, eine gemeinsame digitale Sprache finden und die Unternehmen dabei unterstützen, die notwendigen Rahmenbedingungen für eLearning in den Betrieben zu schaffen. Schließlich soll aus dem Projekt ein System beruflicher Bildungswege für den ÖPNV und den Schienengüterverkehr hervorgehen, das sich an den Deutschen Qualifikationsrahmen anlehnt.
Fokus auf Fahrbetrieb
Da es aktuell insbesondere in der Berufsgruppe der Bus-, Tram-, und Triebfahrzeugführer viele unbesetzte Stellen gibt, wird das Netzwerk seinen Fokus zunächst auf die Ausbildung entsprechender Fachkräfte richten. Dabei sollen Teilaspekte des branchenspezifischen Ausbildungsberufs zur Fachkraft im Fahrbetrieb (FiF) oder des Weiterqualifizierungslehrgangs zum Verkehrsmeister in digitale Lernmodule verpackt werden, die ortsunabhängig abgerufen werden können. Erklärvideos, Wissensdatenbanken oder Fragespiele sollen das Lernen vereinfachen, Mitarbeitern mit Migrationshintergrund könnten künftig sprachenunabhängige Module das nötige Wissen vermitteln.
"Sobald diese Inhalte erstellt wurden, bieten sie den Lernenden und den Lehrenden wertvolle Freiräume: Lernende können selbst auswählen, wann und wo sie die Inhalte rezipieren möchten, Lehrende müssen Inhalte nicht mehr präsentieren, sondern können sich darauf konzentrieren, Fragen zu beantworten, Problemstellungen zu erarbeiten oder bei Recherchen zu unterstützen."
Jürgen Handke, Professor für Linguistik und Sprachtechnologie an der Universität Marburg
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